Samstag, 30. November 2019

Jungfrau mit Einhorn


Die älteste Darstellung eines Einhorns in der christlichen Kunst findet sich vermutlich in einem Antiphonale aus dem 12. Jahrhundert im Kloster Einsiedeln.
Die Miniatur zeigt eine Verkündigungsszene mit Maria, die in ihrem Schoß das Einhorn beschützt.

Wie hier wird in der Kunst das Einhorn oft im Zusammenhang mit Jungfräulichkeit dargestellt. Dieses allegorische Motiv geht auf Physiologus im 2. Jahrhundert n. Chr. zurück, wonach ein Jäger das wilde Einhorn nur fangen könne, wenn es seinen Kopf in den Schoß einer Jungfrau legt. Im Mittelalter war das Einhorn deshalb auch das Zeichen für die Jungfrau Maria.


Barbara Longhi
Jungfrau mit Einhorn


Advent...




Die Blumen sind verblüht im Tal, die Vöglein heimgezogen.
Der Himmel schwebt so grau und fahl, es brausen kalte Wogen.
Und doch nicht Leid im Herzen brennt.
Es ist Advent!


Es zieht ein Hoffen durch die Welt, ein starkes, frohes Hoffen.
Das schließet auf der Armen Zelt und macht Paläste offen.
Das kleinste Kind die Ursach kennt.
Es ist Advent!


Advent, Advent, du Lerchensang von Weihnachts Frühlingstunde.
Advent, Advent, du Glockenklang vom neuen Gnadenbunde.
Du Morgenstrahl von Gott gesendt.
Es ist Advent!



Friedrich Wilhelm Kritzinger

Freitag, 29. November 2019

Joachim Ringelnatz Liebeläutend...



Liebeläutend zieht durch Kerzenhelle,
mild, wie Wälderduft, die Weihnachtszeit.
Und ein schlichtes Glück streut auf die Schwelle
schöne Blumen der Vergangenheit.

Hand schmiegt sich an Hand im engen Kreise,
und das alte Lied von Gott und Christ
bebt durch Seelen und verkündet leise,
dass die kleinste Welt die größte ist.



(Joachim Ringelnatz)


Donnerstag, 28. November 2019

Jesus Christ Superstar



Wie soll ich ihn nur lieben
Und sein Herz je bewegen
Wie ich bin – war ich noch nie
Denn schon seit Tage schon
Bin ich irgendwer – 
ich kenne mich nicht mehr
Wie soll ich´s je verstehen
Warum fliegt ihm mein Herz zu
Dieser Mann, ist nur ein Mann
Wie so viele für mich gab vorher
Von ihrer Art ist er - nur einer mehr

Lass´ mich auf ihn ein
Fang´ ich an zu schreien
Geb´ ich einfach zu
Blind verliebt zu sein
Warum lass´ ich mich nur so geh´n
Was ist mit mir gescheh´n
Ich kann immer noch nicht glauben
Gerade mir muss das passieren
War ich doch mein Leben lang
So ruhig, so kühl – zeig´ nie zuviel
Konnt´ alle Fäden zieh´n

Ich fürchte ihn

Warum lass´ ich mich nur so geh´n
Was ist mit mir gescheh´n
Doch sagte er , er liebt mich
Wär´ vor Angst ich verloren –
Ich würde gehen – ja einfach gehen
Ich müsste fort – ihn nie mehr sehen
Ich müsste vor ihm fliehen –
Ich fürchte ihn - Ich brauche ihn

Ich liebe ihn

Songtext;
 Jesus Christ Superstar



Mittwoch, 27. November 2019

Wilhelm Busch Humor


Es sitzt ein Vogel auf dem Leim,
er flattert sehr und kann nicht heim.

Ein schwarzer Kater schleicht herzu,
die Krallen scharf, die Augen gluh.


Am Baum hinauf und immer höher
kommt er dem armen Vogel näher.

Der Vogel denkt: Weil das so ist,
und weil mich doch der Kater frißt.


So will ich keine Zeit verlieren,
will noch ein wenig quinquilieren
und lustig pfeifen wie zuvor.
Der Vogel scheint mir hat Humor.


Wilhelm Busch 

Glaube nichts


Glaube nichts weil ein Weiser es gesagt hat.
Glaube nichts weil alle es glauben.
Glaube nichts weil es geschrieben steht.
Glaube nichts weil es als heilig gilt.
Glaube nichts weil ein anderer es glaubt.



Glaube nur dass
was du selbst als wahr erkannt hast.



Sonntag, 24. November 2019

Man sagt uns, wir sollen Buße tun



Man sagt uns, wir sollen Buße tun für unsere Sünden.
Auch ein schönes System, nach dem man sich durch
ein wenig Reue von einem Verbrechen loskaufen kann!

Honoré de Balzac
(. 1799 - 1850)



Wenn die erste Fröste knistern


Wenn die erste Fröste knistern
in dem Wald bei Bayrisch-Moos,
geht ein Wispern und ein Flüstern
in den Tannenbäumen los-
ein Gekicher und Gesumm ringsherum.
Eine Tanne lernt Gedichte,
eine Lerche hört ihr zu.
Eine dicke, alte Fichte sagt verdrießlich: 
Gebt doch Ruh`!
Kerzenlicht und Weihnachtszeit sind noch weit!
Vierundzwanzig lange Tage
wird gekräuselt und gestutzt
und das Wäldchen ohne Frage
wunderschön herausgeputzt.
Wer noch fragt: Wieso? Warum? -
Der ist dumm!
Was das Flüstern hier bedeutet,
weiß man selbst im Spatzennest:
Jeder Tannenbaum bereitet
sich nun vor aufs Weihnachtsfest.
Denn ein Weihnachtsbaum zu sein,-
Das ist fein!

James Krüss


Donnerstag, 21. November 2019

Asche


Wie sie lodern, wie sie beben,
Still verglimmen und verweh'n -
Und ein Stück von meinem Leben
Seh' in Asche ich vergeh'n.
Weiche, goldig-blonde Locken,
Manche Blume, die da schlief,
Es zerstirbt in Aschenflocken
Mancher alte Liebesbrief.
Welches Glück die Worte brachten,
Diese Phrasen, Gott erbarm!

Wie sie heiß den Kopf einst machten -
Heute wird die Hand kaum warm!
Im Kamin lag grau die Asche,
Und ich saß, nachdenklich schürend,
In dem letzten tauben Reste
Nach verborg'nen Gluten spürend.
Und es flammte aus der Asche,
Wieder helle Funken sprühend,
Eine halbverglomm'ne Kohle
Und zersplitterte verglühend.
Und es flüstert in der Asche:
Warum tötest Du, berührend
Was noch aufflammt, Dir zur Leuchte,
Dich aus Nacht und Kälte führend?

Wilde, ungeberd'ge Flammen,
Die sich suchen und verstecken,
Wie sie zischeln, wie sie schmeicheln
Und sich schlängeln und sich necken;
Wie sie prasseln, knistern, jubeln,
Sich verfolgen und umschlingen,
Wie sie zu dem heißen Reigen
Ihre lockern Lieder singen!
Wie sie endlich glühend züngeln,
Jauchzend hoch und höher schlagen,
Mit den schlanken roten Armen
Gierig in einander ragen!
Welches glühend frische Leben
Seh' ich in den Flammen treiben -
Und nichts als ein Häuflein Asche
Soll von all' den Gluten bleiben?

Tote Liebe, kalte Asche!
Armer, längst zerstob'ner Traum -
Wie ein geisterhaftes Mahnen
Weht es durch den öden Raum!
Oft ist mir, als müßt ich hüten
Dich, wie einst mein sterbend Kind -
Doch ein Luftzug - und die Asche
Fliegt hinaus in Nacht und Wind!


Ada Christen 1870



Mittwoch, 20. November 2019

Meiner Mutter sanft Gesicht


Meiner Mutter sanft Gesicht,
Meiner Mutter lichtes Bild,

 

Meiner Mutter braune Augen,
Alles dieses seh’ ich nicht.


Aber tief im Busen lebt,
All der unversehrte Glanz.


Ihres Wesens Schönheit schwebt
Ueber mir im Himmel ganz!


Friederike Kempner    

Der Friedensheld


Der Friedensheld

Ganz unverhofft an einem Hügel,
sind sich begegnet Fuchs und Igel.

Halt rief der Fuchs, du Bösewicht!
Kennst du des Königs Order nicht?
Ist nicht der Friede längst verkündigt.
Und weißt du nicht, dass jeder sündigt,
der immer noch gerüstet geht? 

Im Namen seiner Majestät,
geh her und übergib dein Fell!


Der Igel sprach, nur nicht so schnell!
Laß dir erst deine Zähne brechen,
dann wollen wir uns weiter sprechen.

Und alsogleich macht er sich rund,
schließt seinen dichten Stachelbund.
Und trotzt getrost der ganzen Welt,
Bewaffnet, doch als Friedensheld.




Wilhelm Busch




Dienstag, 19. November 2019

Dem Krökelorden


An den Krökelorden 

Ein alter Kauz, im hohlen Baum
vertieft in seinen Tagestraum.
Doch aufgewacht durch lautes Pochen
von Meister Specht und durch die Lieder
der Vöglein, ist hervorgekrochen.

Und spricht also: Ihr Waldesbrüder!
Die Welt, das läßt sich nicht bestreiten,
hat ihre angenehmen Seiten;
Sie liefert Körner, Käfer, Mäuse
zum Wohlgeschmack in jeder Weise.



Und geht auch wohl so bald nicht unter.
Ich grüße euch; bleibt nur hübsch munter
und macht euch möglichst viel Pläsier.
Doch ich, der alt und kalt geworden,
ich passe nicht in euren Orden;

Mir ziemt die Ruhe. Gönnt sie mir.
Und als der Kauz also gesprochen,
ist er zurück ins Loch gekrochen.

Wilhelm Busch


Komm traurige Eule




Komm, traurige Eule, Bote des Leids
Vogel der Melancholie, Gefährte der Verzweiflung,
Bester Freund der Sorge und Feind der Heiterkeit,
Dein Beitrag nährt den Kummer.



O komm, arme Eule, und klag mir Dein Leid
Hab ich's vernommen, so klag ich Dir meins.


(Robert Jones, 1607)

An den Mond





An den Mond

Schwester von dem ersten Licht,
Bild der Zärtlichkeit in Trauer!
Nebel schwimmt mit Silberschauer
Um dein reizendes Gesicht;
Deines leisen Fußes Lauf
Weckt aus tagverschloßnen Höhlen
Traurig abgeschiedne Seelen,
Mich und nächt'ge Vögel auf.

Forschend übersieht dein Blick
Eine großgemeßne Weite.
Hebe mich an deine Seite!
Gib der Schwärmerei dies Glück;
Und in wollustvoller Ruh
Säh der weitverschlagne Ritter
Durch das gläserne Gegitter
Seines Mädchens Nächten zu.

Dämmrung, wo die Wollust thront,
Schwimmt um ihre runden Glieder.
Trunken sinkt mein Blick hernieder.
Was verhüllt man wohl dem Mond?
Doch was das für Wünsche sind!
Voll Begierde zu genießen,
So da droben hängen müssen;
Ei, da schieltest du dich blind.


Johann Wolfgang von Goethe


Die Schleiereule



Die Schleiereule

Auf ihren weizenfarb'nen Flügeln,
Mit ihrer ernsten weißen Stirn
Huscht wie ein Geist sie
Durchs Giebelloch in die Scheune.

(aus Evening von John Clare (1793 -1864)


Montag, 18. November 2019

Sternschnuppe


Sternschnuppe
Es fiel ein Stern, habt ihr gedacht,
Aus weiten, unbekannten Fernen.
Ging unter er in dunkle Nacht?
Blieb er am Himmel bei den Sternen?

Ists eine Welt, die im Entstehn
Sich Kraft und Stoff zu holen strebte?
Wars eine Welt, die im Vergehn
Durchs Leuchten sich zu Ende lebte?

Das werdet ihr vielleicht, vielleicht
Durch eure Rohre noch ergründen,
Jedoch wer ihren Weg ihr zeigt,
Kann nur der Glaube euch verkünden.

Sonntag, 17. November 2019

Zum Einschlafen zu sagen




Zum Einschlafen zu sagen
Ich möchte jemanden einsingen,
bei jemandem sitzen und sein.
Ich möchte dich wiegen und kleinsingen
und begleiten schlafaus und schlafein.
Ich möchte der Einzige sein im Haus,
der wüßte: die Nacht war kalt.

Und ich möchte horchen herein und hinaus
in dich, in die Welt, in den Wald.
Die Uhren rufen sich schlagend an,
und man sieht der Zeit auf den Grund.
Und unten geht noch ein fremder Mann
und stört einen fremden Hund.

Dahinter wird Stille. Ich habe groß
die Augen auf dich gelegt;
und sie halten dich sanft und lassen dich los,
wenn ein Ding sich im Dunkel bewegt.




Rainer Maria Rilke (1875 - 1926)


Leidenschaft Trunkenheit Wahnsinn


Maler - Johann Heinrich Wilhelm Tischbein - 
Goethe in der roemischen Campagna

Leidenschaft! Trunkenheit! Wahnsinn! 

Ihr steht so gelassen, so ohne Teilnehmung da, ihr sittlichen Menschen! Scheltet den Trinker, verabscheut den Unsinnigen, geht vorbei wie der Priester und dankt Gott wie der Pharisäer, daß er euch nicht gemacht hat wie einen von diesen. Ich bin mehr als einmal trunken gewesen, meine Leidenschaften waren nie weit vom Wahnsinn und beides reut mich nicht: Denn ich habe in meinem Maße begreifen lernen, wie man alle außerordentlichen Menschen, die etwas Großes, etwas Unmöglichscheinendes wirkten, von jeher für Trunkene und Wahnsinnige ausschreien mußte.

J.W. Goethe


Die Leiden des jungen Werthers


Von der Zeit


Von der Zeit

Mein Haus sagte zu mir -

Verlaß mich nicht, denn hier wohnt deine Vergangenheit.

Und die Straße sagte zu mir -

Komm und folge mir, denn ich bin deine Zukunft.

Und ich sage zu beiden zu meinem Haus und zu der Straße -

Ich habe weder Vergangenheit, noch habe ich Zukunft.

Wenn ich hier bleibe, ist ein Gehen in meinem Verweilen.

und wenn ich gehe, ist ein Verweilen in meinem Gang.

Nur Liebe und Tod ändern die Dinge.





Khalil Gibran



Vom Schenken



Schenke groß oder klein,
aber immer gediegen.
Wenn die Bedachten die Gabe wiegen,
sei dein Gewissen rein.

Schenke herzlich und frei.
Schenke dabei, was in dir wohnt
an Meinung, Geschmack und Humor,
so dass die eigene Freude zuvor
dich reichlich belohnt.

Schenke mit Geist ohne List.
Sei eingedenk, dass dein Geschenk - 
Du selber bist.



Joachim Ringelnatz


Samstag, 16. November 2019

Jemand hat mir einmal gesagt...



Jemand hat mir einmal gesagt,

die Zeit würde uns wie ein Raubtier ein Leben lang verfolgen.
Ich möchte viel lieber glauben,
dass die Zeit unser Gefährte ist,
der uns auf unserer Reise begleitet
und uns daran erinnert, jeden Moment zu genießen,
denn er wird nicht wiederkommen.
Was wir hinterlassen ist nicht so wichtig wie die Art,
wie wir gelebt haben.


Denn letztlich sind wir alle nur sterblich.


Jean-Luc Picard