Sonntag, 24. November 2013

Friedrich Nietzsche



Vereinsamt

Die Krähen schrein
und ziehen schwirren Flugs zur Stadt:
bald wird es schnein -
wohl dem, der jetzt noch - Heimat hat!

Nun stehst du starr,
schaust rückwärts, ach! wie lange schon!
Was bist du Narr
vor Winters in die Welt entflohn?

Die Welt - ein Tor
zu tausend Wüsten stumm und kalt!
Wer das verlor,
was du verlorst, macht nirgends halt.

Nun stehst du bleich,
zur Winter-Wanderschaft verflucht,
dem Rauche gleich,
der stets nach kältern Himmeln sucht.


Flieg, Vogel, schnarr
dein Lied im Wüstenvogel-Ton! -
Versteck, du Narr,
dein blutend Herz in Eis und Hohn!

Die Krähen schrein
und ziehen schwirren Flugs zur Stadt:
bald wird es schnein,
weh dem, der keine Heimat hat!

Friedrich Nietzsche


Mittwoch, 20. November 2013

Das Rheingold


* Das Rheingold *

Gesang der Geister über den Wassern

Der Menschen Seele
Gleicht dem Wasser:
Vom Himmel kommt es, 
Zum Himmel steigt es, 
Und wieder nieder
Zur Erde muss es,  
Ewig wechselnd.
   
Strömt von der hohen,  
Steilen Felswand
Der reine Strahl,  
Dann stäubt er lieblich
In Wolkenwellen
Zum glatten Fels,  
Und leicht empfangen
Wallt er verschleiernd,  
Leisrauschend,  
Zur Tiefe nieder.

Ragen Klippen
Dem Sturz entgegen
Schäumt er unmutig
Stufenweise
Zum Abgrund.
   
Im flachen Bette
Schleicht er das Wiesental hin,  
Und in dem glatten See
Weiden ihr Antlitz
Alle Gestirne.

Wind ist der Welle
Lieblicher Buhler;
Wind mischt vom Grund aus
Schäumende Wogen.

Seele des Menschen,  
Wie gleichst du dem Wasser!
Schicksal des Menschen,  
Wie gleichst du dem Wind!

J. W. von Goethe


* ArthurRackham *

November



Bauernregeln für November

Sitzt im November noch das Laub, wird der Winter hart, das glaub 
Baumblüt` im November gar - noch nie ein gutes Zeichen war. 
Blühen im November die Bäume aufs neu, währet der Winter bis zum Mai. 
Wenn im November der Buche Holz im Saft, 
so wird der Regen stärker als der Sonne Kraft. 
Ist es aber starr und fest, sich große Kälte erwarten läßt. 
Ist November die Buche im Saft, viel Nässe dann der Winter schafft.
Bringt November Morgenrot, der Aussaat dann viel Schaden droht. 
Novemberschnee tut der Saat nicht weh. 
Wenn der November regnet und frostet, dies leicht die Saat des Leben kostet. 
Fliegen im November noch Sommerfäden, wirst du lang' nicht vom Frühling reden. 
Friert im November früh das Wasser, dann wird der Jänner umso nasser. 
Bringt früh der November Eis, fehlt im Januar das Weiß.  
Ist der November kalt und klar, wird trüb und mild der Januar. 
Im November viel Naß, auf den Wiesen viel Gras. 
Ist der November naß, bringt er jedem was. 
Im November wässere die Wiesen, wenn das Gras soll reichlich sprießen. 
Je mehr Schnee im November fällt, umso fruchtbringender wird das Feld. 
November warm und klar, keine Sorgen für das nächste Jahr.  
November tritt oft hart herein, muß nicht viel dahinter sein. * 
Tummelt sich im November die Haselmaus, bleibt der Winter noch sehr lange aus. 
Wenn der November blitzt und kracht, im nächsten Jahr der Bauer lacht. 
Friert im November zeitig das Wasser, wird`s im Januar umso nasser.