Mittwoch, 31. Oktober 2018

Ich war im Garten...





Ich war im Garten, wo sie all die Tiere
gefangen halten, glücklich schienen viele, 
in heitern Zwingern treibend muntre Spiele,
doch andre hatten Augen, tote, stiere, 
besah mich unbewegt mit stillen Blicken.

Er schien so klug sich in sein Los zu schicken,
doch konnte ich in seinem Innern lesen.
Und andre rastlos hinter starren Gittern 
und wunder Liebe fühlt ich mich erzittern,
und meine Seele wurde eins mit ihnen. 
Ein Silberfuchs,ein wunderzierlich Wesen, 
Und andre sah ich mit verwandten Mienen.


Christian Morgenstern


Tiere gehören in die Freiheit,
und nicht in den Zoo...





Dienstag, 30. Oktober 2018

Baron Münchhausen


Hieronymus Carl Friedrich von Münchhausen


Am 11. Mai 1720 wird der berühmte Freiherr Hieronymus Carl Friedrich von Münchhausen in Bodenwerder geboren. Als 4-jährigen verliert er seinen Vater. Mehr ist uns aus dieser Zeit nicht überliefert. 1732 tritt Hieronymus v. Münchhausen, einem Brauch in Adelskreisen folgend, in den Hofdienst. Er wird Page beim Prinzen Anton Ulrich v. Braunschweig. 1733 reist Anton Ulrich nach Russland, um die Nichte der russischen Zarin zu heiraten. 1738 folgt Hieronymus seinem Patron und tritt in das russische Braunschweig-Regiment ein, das Prinz Anton Ulrich kommandiert. Damit beginnen die Reisen und Abenteuer des Freiherrn von Münchhausen.


Für seine Tapferkeit im russisch-türkischen Krieg ernennt Anton Ulrich 1739 Hieronymus v. Münchhausen zum Kornett und beschenkt ihn mit drei schönen Pferden, dazu Schabracken und Pistolen. Ein knappes Jahr später - 1740 - wird Hieronymus zum Leutnant befördert. Seine Karriere verspricht unter seinem Patron glänzend zu verlaufen, denn im gleichem Jahr wird der Sohn Anton Ulrichs v. Braunschweig zum Zar Iwan VI. ernannt. Aber alles endet nach einem gewaltsamen Thronwechsel, als Elisabeth I., Tochter des Zaren Peter des Großen, 1741 den einjährigen Iwan und seine Eltern gefangen nimmt und sie ins Exil schickt. Münchhausens Leben wird seitdem von Anton Ulrichs tragischem Schicksal überschattet. Zwar übersteht er den Umsturz heil - vermutlich, weil er zu dieser Zeit in Finnland kämpft, aber aus seiner so glänzend begonnene Karriere wird nichts, eine weitere Beförderung lässt elf Jahre auf sich warten.

Die Garnisonstadt Riga wird jetzt sein hauptsächlicher Aufenthaltsort - und dort fühlt er sich anscheinend sehr wohl. Diese Rigaer Jahre beeinflussen nachhaltig seine Fähigkeit als Erzähler, denn in Freundeskreisen des damaligen Litauen, das erst vor kurzem seine bedeutende Rolle in der europäischen Geschichte verloren hat, wird gerne erzählt. An diesen gemütlichen Abendtreffen nimmt Hieronymus v. Münchhausen oft teil, bestimmt nicht nur als Zuhörer. (Unter Balten kursieren auch noch in unserer Zeit Anekdoten, die man ihm zuschreibt.) Aber Riga gibt Hieronymus nicht nur die Liebe zum Fabulieren: Aus dem livländischen Adel holt er sich seine Lebensgefährtin, Jacobine von Dunten. Am 2. Februar 1744 schließt er die Ehe, die 46 glückliche Jahre währen sollte. 

1750 wird Hieronymus zum kaiserlich russischen Rittmeister vorgeschlagen. Er muss aber langsam erkennen, dass Aufstieg und Karriere für ihn zu Ende sind, also nimmt er den Abschied und fährt mit seiner Frau heim nach Bodenwerder. Die Abenteuerjahre sind vorbei! Aber sie haben den Herrn des bescheidenen Landgutes zu einem Weltmann werden lassen. Ohne die Erlebnisse in der Fremde wäre er vielleicht nie der große Fabulierer geworden.

Von nun an führt Hieronymus v. Münchhausen das Leben eines Landedelmannes, der sein Gut bestellt, geselligen Verkehr mit seinen Gutsnachbarn pflegt, und dessen liebster Zeitvertrieb die Jagd ist. Im Freundeskreis beginnt sein Erzählertalent berühmt zu werden. Gäste kommen nach Bodenwerder - auch von weit her -, um fabelhafte Geschichten zu hören. Zuweilen sind der Göttinger Dichter Gottfried August Bürger, der Philosoph Georg Christoph Lichtenberg und der Museumsdirektor Rudolf Erich Raspe, alle drei auch große Erzähler, bei ihm zu Besuch.

1790 stirbt Jacobine v. Münchhausen. Hieronymus bleibt allein. Um der Einsamkeit zu entfliehen, heiratet er 1794 als 74-jähriger die 18-jährige Bernhardine v. Brünn. Die Ehe wird unglücklich, schon nach einigen Monaten beginnt Münchhausen einen 3-jährigen Scheidungsprozess, der ihn sein ganzes Vermögen kostet. 

Verbittert und einsam stirbt der große Fabulierer, Hieronymus Carl Friedrich Freiherr von Münchhausen, am 22. Februar 1797.



Freitag, 26. Oktober 2018

Der Uhu, der Kauz und zwo Eulen





Der Uhu, der Kauz und zwo Eulen
Beklagten erbärmlich ihr Leid
Wir singen; doch heißt es, wir heulen
So grausam belügt uns der Neid

Wir hören der Nachtigall Proben
Und weichen an Stimme nicht ihr
Wir selber, wir müssen uns loben
Es lobt uns ja keiner, als wir

(Friedrich von Hagedorn,


1708-1754)






Die zwei Wurzeln




Die zwei Wurzeln

Zwei Tannenwurzeln groß und alt
unterhalten sich im Wald.

Was droben in den Wipfeln rauscht,
das wird hier unten ausgetauscht.

Ein altes Eichhorn sitzt dabei
und strickt wohl Strümpfe für die zwei.

Die eine sagt knig, die andere sagt knag.
Das ist genug für einen Tag.

Christian Morgenstern




Hänschen Eichhorn heiß' ich,
Was ich gelernt hab', weiß ich.




Donnerstag, 18. Oktober 2018

Ich bin der Welt abhanden gekommen...



Ich bin der Welt abhanden gekommen, 
Mit der ich sonst viele Zeit verdorben.

Sie hat so lange nichts von mir vernommen,
Sie mag wohl glauben, ich sei gestorben!

Es ist mir auch gar nichts daran gelegen,
Ob sie mich für gestorben hält,

Ich kann auch gar nichts sagen dagegen,
Denn wirklich bin ich gestorben der Welt.

Ich bin gestorben dem Weltgetümmel,
Und ruh' in einem stillen Gebiet!

Ich leb' allein in meinem Himmel,
In meinem Lieben, in meinem Lied!






Donnerstag, 4. Oktober 2018

Novalis



Wenn nicht mehr Zahlen und Figuren
Sind Schlüssel aller Kreaturen
Wenn die, so singen oder küssen,
Mehr als die tief Gelehrten wissen,
Wenn sich die Welt ins freie Leben,
Und in die Welt wird zurück begeben,

Wenn sich dann wieder Licht und Schatten
Zu echter Klarheit werden gatten,
Und man in Märchen und Gedichten
Erkennt die ew´gen Weltgeschichten,
Dann fliegt vor einem geheimen Wort
Das ganze verkehrte Wesen fort.

Novalis
Friedrich von Hardenberg



Foto; Rose Novalis 
Copyright;  Ursula Magdalena  



Mit vierzig Jahren



Mit vierzig Jahren ist der Berg erstiegen
Wir stehen still und schaun zurück

Dort sehen wir der Kindheit stilles liegen

Und dort der Jugend lautes Glück

Noch einmal schau, und dann gekräftigt weiter
Erhebe deinen Wanderstab

Hindehnt ein Bergesrücken sich, ein breiter
Und hier nicht, drüben geht's hinab

Nicht atmend aufwärts brauchst du mehr zu steigen
Die Ebene zieht von selbst dich fort

Dann wird sie sich mit dir unmerklich neigen
Und eh' du's denkst, bist du im Port

Friedrich Rückert