Das Geheimnis ihrer glücklichen Ehe
Im Urlaub am Strand hatten sie sich kennen gelernt. Margret kam mit einer Reisegruppe und Johannes war allein nach Italien gereist. Sie waren jung und sehr verliebt. Als der Abschied nahte, tauschten sie ihre Adressen aus und stellten erfreut fest, dass sie nur 50 km entfernt voneinander wohnten.
Man sah sich so oft es irgendwie ging und eines Tages bat Johannes, Margretes Eltern, um die Hand ihrer Tochter. Margret war ein Mädel vom Land und sehr zum Gehorsam erzogen worden. Ihre Großmutter, liebevoll „Nanni“ genannt, gab Margret zu ihrem großen Ehrentag einen sehr wichtigen Ratschlag, den sie aus eigener Erfahrung als sehr hilfreich empfunden hatte. Sie sagte: „ wenn Streit droht mit deinem Mann, dann schweige, halte still und stricke stattdessen Socken“.
Margret und Johannes waren glücklich. Sie erzählten sich alles, vertrauten sich gegenseitig auch ihre Geheimnisse an. Nur den Rat der Großmutter behielt Margret für sich und bat ihren Ehemann, niemals die kleine Kiste auf dem Speicher zu öffnen. Schweren Herzens willigte Johannes ein, obwohl ihn ein eigentümliches Gefühl dabei beschlich bei dem Gedanken daran, was seine Frau dort vor ihm geheim hielt?
So verging Tag um Tag und Jahr um Jahr. Drei Kinder wurden geboren, Sorgen und Nöte, Krankheiten, Kummer, aber auch viel Freude lösten einander ab.
Wir hatten eigentlich eine schöne, harmonische Zeit zusammen, dachte Johannes am 60. Jahrestag ihrer Hochzeit im Vergleich mit anderen Ehepaaren, wenn er da an die Ehen der Kollegen dachte: da wurde gestritten, betrogen und so mancher ließ sich sogar scheiden, die Leidtragenden waren meist die Kinder.
Liebevoll schaute er auf seine ihm angetraute Gattin, die blass in ihren Kissen lag, da sie schwer erkrankt war. Ihre Augen schauten Johannes bittend an. Dann sagte sie: “ Johannes, du weißt, dass ich schwerkrank bin und ich weiß nicht, wie viel Zeit mir noch bleibt. Gehe doch bitte auf den Speicher und hole die kleine Kiste herunter“.
Johannes tat sich altersbedingt bereits schwer die vielen Treppen zum Speicher hochzusteigen, aber nun trieb ihn die Neugier an. So brachte er seiner Ehefrau Margret die kleine Kiste, die verschlossen war. Margret öffnete eine Schublade und holte einen kleinen goldenen Schlüssel hervor. Sie schaute kurz auf ihren Gatten, dessen Augen groß und kugelrund vor Neugierde wurden. Dann öffnete sie ihr Schatzkästchen und darin lagen drei gestrickte Socken und 3000,00 €.
„Was ist das denn Margret, drei Socken, verständnislos sah er sie dabei an. Aber um die hättest du doch kein Geheimnis zu machen brauchen“, sagte er. Margret schmunzelte etwas und sagte:“ weißt du, das ist das Geheimnis unserer guten Ehe“. Johannes verstand es nicht. Da erzählte ihm Margret was ihr ihre „Nanni“ bei der Hochzeit geraten hatte.
Johannes standen Tränen der Freude in den Augen, als er angesichts der drei Socken begriff, dass seine geliebte Gattin die ganzen Jahre nur dreimal wütend auf ihn gewesen war. Dann aber wollte er gerne wissen, was es mit dem Geld auf sich hatte und fragte danach. Ganz leise, fast beschämt antwortet ihm daraufhin Margret: „ das ist das Geld von den verkauften Socken“.
Johannes lachte hell auf, nahm seine Liebste in die Arme und sagte: „was habe ich doch für eine kluge Frau geheiratet!“ Dann fragte er: „ war ich denn so schlimm?“ Margret lächelte nur und sagte: „ wir wollen es jetzt auf sich beruhen lassen – es war gut, wie es war“.
Aber was Margret nicht wusste und auch nicht zu wissen brauchte war, dass Johannes von seinem Vater in etwa denselben Rat bezüglich einer guten Ehe erhalten hatte, nur er hatte sich bei drohendem Streit in den Holzschuppen geschlichen und geschnitzt.